Mord im Christmas Express | Alexandra Benedict {Rezension}

Mord im Christmas Express wer fühlt sich bei diesem Titel des neuen Krimis von Alexandra Benedict aus dem Tropen Verlag nicht an den legendären Hercules Poirot, der Queen of Crime Agatha Christie, und seinen Ermittlungen im Orientexpress erinnert. Der Verlag verspricht einen Weihnachtskrimi mit cozy Crime Vives – wer könnte da schon widerstehen? Ich als eingefleischter cozy Crime Liebhaber & Weihnachtsfan jedenfalls nicht. 

Ganz herzlichen Dank an die Autorin, dem Tropen Verlag sowie Netgalley.de für das zur Verfügung stellen des E-Book Rezensionsexemplares. 




Klappentext

Stille Nacht, tödliche Nacht

Es ist der Abend vor Weihnachten. Ein Schneesturm legt den gesamten Zugverkehr in Großbritannien lahm. Nur der Christmas Express schlängelt sich noch durch die malerischen schottischen Highlands. An Bord achtzehn Passagiere – einer von ihnen mit mörderischen Absichten. Wer wird sterben? Und warum?

Ein Weihnachtskrimi, wie Agatha Christie ihn heute schreiben würde: spannend, skurril und absolut zeitgemäß.

Willkommen an Bord des Christmas Express!

Schneechaos. In letzter Sekunde erreicht die pensionierte Polizeibeamtin Roz ihren Nachtzug. Zum Glück, denn sie muss unbedingt pünktlich von London ins schottische Fort William kommen – rechtzeitig zur Geburt ihrer Enkelin. Mit ihr an Bord befinden sich unter anderem eine junge Influencerin, ein narzisstischer Reality-TV-Star, eine schlagfertige alte Dame samt Katerchen, eine reichlich dysfunktionale Familie und der Staatsanwalt Craig, der in Roz eine versteckte Saite anschlägt. Doch dann entgleist der Zug plötzlich im dichten Schneetreiben. Und während die Geburt zu Hause immer dramatischer verläuft, geschieht an Bord ein Mord, der bei Roz alte Wunden aufreißt. Es wird nicht bei einem Opfer bleiben. Wen trifft es als nächstes, und wird Roz es rechtzeitig verhindern können? Hat sie die Chance, den Kreislauf der Gewalt ­endlich zu durchbrechen?



Rezension

Ich muss gestehen, dass mir bei diesem Buch die Rezension sehr schwerfällt (dies ist mein fünfter Versuch).

Eine fesselnde Hommage an das Goldene Krimi-Zeitalter, mit einer Prise Poirot und einem dunklen, modernen Herzen. – S. J. Bennett –

Zusammen mit einem sehr stimmigen, weihnachtlichen Cover ließ mich dies auf einen modern angehauchten Krimi in der Tradition der Krimis von Agatha Christie rund um ihren skurrilen, aber charmanten Ermittler Hercules Poirot hoffen. Ich war sehr gespannt wie dieses große Vorbild der Kriminalliteratur durch die Autorin in einem weihnachtlichen Setting modern umgesetzt werden würde.

Der Schreibstil der Autorin hat mir durchaus gefallen, besonders die eingebauten Verweise auf Buchtitel, Lieder oder Geschichten. Dies gab mir das Gefühl durch meine Assoziationen zu diesen Dingen ein wenig mehr zwischen den Zeilen, quasi das auf diese Weise ungesagt Gesagte, lesen zu können. Ich freute mich sehr darauf die Geschichte im weiteren Verlauf eine besondere Weise entdecken zu können. Leider hat die Autorin dies für mich unvollständig und nicht bis zum Ende des Buches umgesetzt. Ein zweiter Aspekt, der mir sehr gut gefallen hat und der sich bis zum Ende durchzieht, sind die Vergleiche, die sich immer sehr an die Themen Winter & Weihnachten, Zugreise, Zug oder auch die Landschaft der schottischen Highlands anlehnen. Ein paar mir unbekannte Dinge habe ich dann auch noch u.a. über Schottland & seine Traditionen gelernt. Es freut mich immer besonders, wenn ich zu mir neuen Informationen Markierungen in einem Buch machen kann.

Ein Weihnachtskrimi, wie Agatha Christie ihn heute schreiben würde: spannend, skurril und absolut zeitgemäß. - Mord im Christmas Express · Alexandra Benedict  · Klappentext


Der Aufbau der Geschichte erinnert durchaus an die Kriminalgeschichten Agatha Christies und das Setting an Mord im Orientexpress. Auch hier erscheinen die Figuren wild zusammengewürfelt um sicherlich einen modernen, zeitgemäßen Querschnitt der Gesellschaft darzustellen. Jedoch konnten mich die Figuren in diesem Fall, ebenso wie Roz unsere Ermittlerin wider Willen, nicht erreichen. Sie erschienen mir in ihrer Gestaltung zu flach, mir fehlte es an Skurrilität & Charme. Auch bedienten sie für mich zu viele Vorurteile & Klischees. Hier hätte ich mir bei aller willkommener Vielfalt der Figuren etwas mehr Raffinesse gewünscht.

Und nun kommt auch schon mein Dilemma mit der Rezension: An dieser Stelle würde ich nun über die Hauptprotagonistin schreiben, über ihre Ermittlungen und die Auflösung. Aber leider fällt es mir diesmal deutlich schwerer als gewöhnlich, einfach weil ich der Geschichte sehr vorgreifen und spoilern müsste um meinen Leseeindruck zu geben.

Spannung: Für mich war diese nicht wirklich spürbar, bereits kurz nach dem ersten Drittel hatte ich eine Ahnung wer der Täter sein könnte und wo dessen Motiv liegt, und dies obwohl der erste Todesfall erst ca. bei der Hälfte des Buches eintritt. Ich denke, die Vielzahl an Protagonisten (ich habe mir eine Liste machen müssen), ihrer Einführung in die Geschichte und die damit einhergehende Beschäftigung mit einer Vielzahl, wohl zeitgemäßer, gesellschaftlicher Fragestellungen und Problemen verliehen dem Buch einige Längen. Auch die „Ermittlungsarbeit“ von Roz hatte für mich nicht den nötigen Spannungseffekt. In diesem Zusammenhang kam gefühlt in jedem zweiten Satz der Bezug zu Roz Vergangenheit, die geprägt ist durch Gewalt- und Geburtstraumata. Persönlich mag ich es sehr, wenn man etwas aus dem Privatleben der ErmittlerInnen erfährt, aber dies sollte nicht gefühlt den Hauptanteil der Geschichte darstellen. Die Auflösung selbst hat sehr großes Potenzial, denn auch wie im Original steht sie in Relevanz zum moralischen Dilemma zwischen Strafverfolgung und dem Verständnis für einen Täter, der selbst Opfer ist. Für mich kam die Ausarbeitung dieses Dilemmas sowie die Darstellung der Auflösung selbst jedoch ein wenig zu kurz.

Skurril: Die Autorin hatte bei der Vielzahl der Protagonisten durchaus die Gelegenheit der Skurrilität in den Eigenschaften der Protagonisten oder ihren Handlungen, aber auch z.B. durch skurrile Weihnachtstraditionen oder Erzählungen einen großen Raum einzuräumen. Für mich hat sie dies ebenso versäumt wie es leider auch an charmanten Charakteren mangelt, von denen ein guter cozy Crime, insbesondere aber Weihnachtskrimi lebt, einzubauen. Ich habe diese Charaktere, skurril, aber gleichzeitig auch charmant gepaart mit einer Brise britischen Humors wirklich vermisst.

Cozy Crime & Weihnachtskrimi: Mord im Christmas Express – diesen als cozy Crime & Weihnachtskrimi beworbenen Kriminalroman konnte ich, ob der Vielzahl der angesprochenen, düsteren, tristen, deprimierenden, oftmals emotional sehr aufgeladenen oder psychologisch äußerst triggernden gesellschaftlichen Problemen/Fragestellungen, nicht in dieses Genre einordnen. Durch das Missverhältnis zwischen Marketingstrategie, die bei mir eine gewisse Erwartungshaltung geweckt hat, und den tatsächlichen Inhalten, konnte ich mich leider nicht so auf die Geschichte einlassen wie ich es mir wünschen würde. Eine Zugfahrt am Vorweihnachtstag durch eine verschneite Landschaft macht für mich aus einem Buch eben noch keine Weihnachtsgeschichte

Der größte Kritikpunkt ist daher für mich auch die fehlende Content Note/Triggerwarnung, welches es im englischen Original gibt, die aber nicht ins Deutsche übernommen wurde. Falls ihr Trigger bei den nachfolgenden Themen empfindet, bitte überlegt Euch, ob ihr das Buch lesen möchtet:

 

  • Emotionaler und physischer Missbrauch (inklusive Vergewaltigung)
  • Toxische Beziehungen
  • Häusliche Gewalt
  • Geburtstraumata
  • Diskriminierung z.B. aufgrund der sexuellen Orientierung
  • Drogenmissbrauch (Alkohol, Drogen)
  • Misogynie


Dies ist ein Auszug der das Buch dominierenden Themen, die sich durch die gesamte Handlung ziehen.

Fazit


2 ⭐ für Mord im Christmas Express - ein Krimi, aber kein cozy Crime, der eher eine versteckte Gesellschaftskritik als ein Weihnachtskrimi ist.

Das Setting, die reine Krimihandlung und auch die Vielzahl unterschiedlichster Figuren bietet durchaus das Potenzial für einen modernen Kriminalroman á la Agatha Christie. Leider weist die Umsetzung einige Schwächen auf und konnte mich in Sachen Stimmung und Spannung nicht überzeugen. Wäre das Buch zudem mit einer anderen Strategie mit einer entsprechenden Content Note beworben worden, wäre ich mit einer anderen Erwartungshaltung herangegangen und die Geschichte hätte mich besser erreichen können.

Das erste Mal kann ich leider keine Leseempfehlung geben.

 

P.S.: An dieser Stelle auch Danke (@tascha_hagenstede @buchwoerter @buecherhexe_korrekturhexe @buechernoodle @meine.welt.aus.papier @susanne.borrmann @a.lenasbuecherwelt) an Alle, die mit mir das Buch als Dezember-Buch in der Leserunde bei bookies.behind.covers gelesen haben.

 

Zum Buch

Titel: Mord im Christmas Express

AutorIn: Alexandra Benedict

Verlag: Tropen Verlag

Erscheinungsdatum: 16.September 2023

Seitenzahl: 358 (E-Book)

Genre: Crime, Krimi

Rezensionsexemplar über: Netgalley.de


Viele Grüße,

Mandy