Kalmann | Joachim B. Schmidt {Rezension}

Den Schweizer-Autor Joachim B. Schmidt habe ich 2022 für mich mit seiner Tell-Interpretation entdeckt. Seit 2007 lebt er in Island, was mich neben dem Klappentext & Cover seines 2020 im Diogenes Verlag erschienen Romans Kalmann, angelegt als Krimi, neugierig gemacht hat, da ich sehr gern etwas mehr über das Leben auf Island erfahren möchte.


Klappentext

Er ist der selbsternannte Sheriff von Raufarhöfn. Er hat alles im Griff. Doch in Kalmanns Kopf laufen die Räder manchmal rückwärts. Als er eines Winters eine Blutlache im Schnee entdeckt, überrollen ihn die Ereignisse. Mit seiner naiven Weisheit und dem Mut des reinen Herzens wendet er alles zum Guten. Kein Grund zur Sorge.

 

Rezension

Joachim B. Schmidt veröffentlichte 2020 mit dem Kriminalroman Kalmann den ersten Teil seiner gleichnamigen Dilogie im unabhängigen schweizerischen Diogenes Verlag. Sein Roman spielt in der kleinen Ortschaft Raufarhöfn auf Island direkt am Polarkreis. Hier lebt auch der Mitte 30-jährige Kalmann, unser titelgebender Protagonist.

Kalmann ist ledig und Haifischfänger von Beruf. Und dazu noch der selbsternannte Sheriff von Raufarhöfn, einen in der Vergangenheit für seine Fischerei bekannten und beliebten Ort, dem es aber schon seit geraumer Zeit wirtschaftlich immer schlechter geht. Viel ist also in Raufarhöfn nicht los. Bis Kalmann eines Tages am Arctic Henge, einer Stonehenge ziemlich ähnlichen Steinformation, eine frische Blutlache entdeckt und damit einem Verbrechen auf die Spur kommt. Gleichzeitig stellt sich heraus, dass von einem wichtigen Repräsentanten des Ortes jedwede Spur fehlt. Beides ruft nun auch die Polizei auf den Plan.

Wenn man die Person ist, die eine Leiche oder deren Überreste findet, und sei es auch nur eine Pfütze Blut, hat man etwas mit der Sache zu tun. -  Joachim B. Schmidt · Kalmann · S. 35 -

Durch Kalmann erfährt der Leser wer Kalmann ist und in welchen Bahnen das Leben im Dorf verläuft, wie er so in Raufarhöfn im Regelfall lebt. Kalmann hat dabei eine ganz eigene Sicht auf die Dinge und scheut sich keineswegs diese mitzuteilen, denn Kalmann ist anders, ist auf dem Entwicklungsstand eines Grundschülers, aber gleicht dennoch in vielen Dingen den Bewohnern seines Heimatortes.  Kalmann gehört also ins Dorf, wo jeder ihn kennt & mag und Kalmann mag auch jeden. Gerade dieses Tandem aus Andersartigkeit & Gleichheit macht Kalmann zu etwas Besonderen, lässt ihn und die Geschichte oftmals skurril und lustig wirken, aber niemals Lächerlich, was neben dem Aufbau des Romans vor allem dem Schreibstil Joachim B. Schmidts zu verdanken ist.

Der Schreibstil wird charakterisiert durch die Wahl der Ich-Perspektive des Hauptprotagonisten Kalmanns als Erzählform. Mit seiner sehr ruhigen Erzählweise gibt der Autor der Geschichte Lebendigkeit und lässt sie sehr persönlich wirken. Und eröffnet dem Leser die Möglichkeit sich in den Hauptprotagonisten hineinzuversetzen; auch an Stellen an denen der Leser vielleicht lieber ein wenig mehr Distanz wahren möchte.

Kalmann ist eine ausgezeichnet konstruierte, ruhige Geschichte. Der Leser muss jedoch dieses ruhige Erzähltempo, welches hervorragend zur Natur Kalmanns, dem Dorf & seinen Bewohnern, aber auch dem Leben nur wenige Kilometer entfernt vom Polarkreis passt, aushalten können; es ist kein Buch für Ungeduldige. Belohnt wird der Leser jedoch mit einem besonderen Protagonisten, wunderbaren Bildern Islands, seinen Bewohnern und deren Leben sowie dem Gefühl jeden von ihnen zu kennen.

Aber Kalmann ist aber kein klassischer Krimi. Den Handlungsverlauf bestimmen vor allem die Ermittlungen der Polizistin Birna, die das mysteriöse Verschwinden von Robert McKenzie, einem örtlichen Repräsentanten aufklären soll und dessen Blut Kalmann im Schnee am Arctic Henge entdeckt wurde. Jedoch folgt dieser nicht den für einen klassischen Krimi typischen Spannungsbogen; vielmehr wird er durch Kalmann und der ihm eigenen Sicht und eigenem auf die Dinge erzählt. Dabei ist die Handlung schon etwas skurril, was durch die Erzählweise durch den liebenswerten, schrulligen „Dorftrottel“ Kalmann noch verstärkt wird, aber da man Kalmann einfach ins Herz schließen muss, fiebert doch mit ihm mit.

 

Fazit

Kalmann von Joachim B. Schmidt ist irgendwo zwischen Kriminal- und Gegenwartsroman anzusiedeln. Aber um mit den Worten von Denis Scheck zu sprechen, ist Kalmann von Joachim B. Schmidt eine Geschichte, eine

[..] Entdeckung, die bleibt. – Denis Scheck · ARD druckfrisch -

Für mich 5⭐ für einen unauffälligen & leisen, wunderbaren Roman, der in seiner ganz eigenen Geschwindigkeit über den Alltag und die kalten Tage am Ende der Welt und einen etwas anderen, aber auch ganz besonderen Charakters Zeugnis ablegt.

Joachim B. Schmidt legt einen wunderbaren, hintergründigen und humorvollen Roman vor – Thriller, Tragikomödie und Schelmenroman –, ein Buch, das man einfach gern liest. - Heinz Storrer · Schweizer Familie, Zürich -


Und so bleibt mir nur noch Euch das Buch ans Herz zu legen. Ich wünsche Euch genauso viel Freude mit der Geschichte wie ich sie hatte!

 

Über das Buch 

 

Titel: Kalmann

AutorIn: Joachim B. Schmidt

Verlag: Diogenes Verlag

Erscheinungsdatum: 26. August 2020

ISBN/ASIN: 978-3257071382

Seitenzahl: 352 (Hardcover)

Genre: Gegenwartsliteratur, Krimi

 

 

Über den Autor

Joachim B. Schmidt (1981) verlebte seine Jugend im Schweizer Kanton Graubünden. Nach seiner Auswanderung 2007 nach Island lebt er heute mit seiner Frau und zwei gemeinsamen Kindern in Reykjavík.

Zu seinen Veröffentlichungen zählen die beiden Romane Tell & Kalmann. Der Kriminalroman Kalmann wurde zudem mit dem 3. Platz des Schweizer Krimipreises prämiert und erhielt den Crime Cologne Award. Für seinen Roman Tell erhielt der Autor den Bündner Literaturpreis.

Foto: Eva Schram/ © Diogenes Verlag 

Viele Grüße,

Mandy