Das Gespenst von Canterville | Oscar Wilde {Buchvorstellung}


Am 31. Oktober findet Halloween statt und der Oktober wird im Rahmen des „Spooktober“zum Halloween-Monat erklärt. Und was passt besser zur Einstimmung auf diesen Tag als eine Gespenstergeschichte.

Und so hat mich auf meiner literarische Reise durch den Herbst hat mich Das Gespenst von Canterville von Oscar Wilde ein weiterer Klassiker der viktorianischen Literatur begleitet.

 

Oscar Wilde ist einer der bekanntesten englischsprachigen irischen Schrifsteller des viktorianischen Zeitalters. Aber auch heute noch sind seine Werke für jedes Lesealter, ob Kinder oder Erwachsene, sehr lohnend und unterhaltsam zu lesen.

 

Das Gespenst von Canterville

Der Autor selbst hat sicherlich nie zu träumen gewagt welcher weltweite Erfolg seiner ersten veröffentlichten Geschichte Das Gespenst von Canterville (1887 ·  The Cantervile Ghost) vergönnt sein würde. Seit ihrer Erstveröffentlichung im Jahre 1887 in der Londoner Zeitschrift The Court and Society Review erfreut sich doe schaurig-gruselige Gespenstergeschichte in unzähligen Auflagen und vielfältigen Erscheinungsformen einer treuen Leserschaft. Aber auch die Leinwand & das Fernsehen, das Schauspiel, Musical, Theator und sogar die Oper haben diese wundervolle Geschichte für sich entdeckt und vielen Generationen an Zuschauen damit Freude bereitet.

 


Ich befürchte das Gespenst gibt es wirklich. [...] aber es gibt ja gar keine Gespenster [...].
Oscar Wilde · Das Gespenst von Canterville

Ja, das Gespenst gibt es wirklich. Und ensprechend seinen Pflichten als kettenrasselndes Gespenst des englischen Gespensteradels, die es seit 1584 ausübt, versucht es auch die neue Eigentümer des Hauses Canterville, eine amerikanischen Familie, in Angst & Schrecken zu versetzen. Schließlich ist dies ja seine Aufgabe. Nur wollen diese sich nicht so Recht an Gespenster glauben, Angst haben sie auch nicht wirklich und dann begegnen ihm auch noch mit ihren nüchtern-wissenschaftlichen Ansichten und ganz eigenen Mitteln um das Miteinander doch für Alle erträglich zu gestalten. Und obwohl des Gespenst in die unterschiedlichsten Rollen schlüpft, die sich alle schon, ob ihres Gruselfaktors in der Vergangenheit bewährt hatten, will sich Schrecken und Gruseln bei den neunen Bewohner einfach nicht einstellen. 

Ja, da kann auch ein so altes Gespenst verzweifeln. Sei es an den Streichen der Kinder, sei es daran, dass die neuen Eigentümer den traditionsreichen Blutfleck in der Bibliothek nicht zu würden wissen und ihm immer wieder mit "Paragons Fleckentferner"  zu Leibe rücken oder wenn ihm eine Flasche von Tammanys "Sonnenschein-Schmieröl" angeboten wird um seine Ketten zu schmieren und damit leiser durch das Haus spuken zu können oder die Bewohne im doch eine Flasche von Dr. Dobells Tinktur anbieten, da nach seinem gespenstig-grauenvollen Lachen in der Nacht die Annahme besteht es gehe ihm nicht wohl.

Am Ende, als sich das Gespenst in seiner eigenen Haut und ebenso in seinem zu Hause so gar nicht mehr wohlfühkt, bekommt es dann doch noch sein Happy End und wird von der Tochter erlöst.



 

Oscar Wild hat auf der einen Seite eine sehr lustige Geistergeschichte geschrieben, welche sich auch heute noch sehr gut zum Nacherzählen oder zum Vorlesen als Gute-Nacht-Geschichte eignet.
 

Aber mich als Erwachsene hat die Geschichte auch überrascht, scheint sie doch eigenscheinlich eine Geistergeschichte für Kinder zu sein, so sit sie doch soviel mehr. Bereits auf den ersten Seiten wird deulich, dass Wilde auf eine sehr hintergründige Art und Wiese gespickt mit etwas Schadenfreude auch eine Gesellschaftskritk der damaligen Zeit vorbringt, indem er zwei Lebensentwürfe, die gegensätzlicher nicht sein könnten gegenüberstellt - die Neue und die Alte Welt treffen hier aufeinander. Auf der einen Seite die durch Traditionen, Etikette & Religion geprägte Gesellschaft der Alten Welt des viktorianischen Zeitalters in der Person und Familie von Lord Canterville. Und auf der anderen Seite die durch wissenschaftlichen & gesellschaftlichen Fortschritt und Nüchternheit geprägte Gesellschaft der Neuen Welt in Form der Familie des amerikanischen Gesandten Hiram B. Otis.

Bei so mancher Textstelle musste ich schmunzeln, ab und an auch ein wenig Lachen und konnte mich sehr gut platzierte Ironie freuen. Oscar Wilde zeigt hier einmal mehr sein meisterhaftes Erzähltalent sei es in Form sehr prägnant gewählter Namen und Bezeichnungen, die immer wieder eingestreuten Verbindungen zu den Theatertraditionen Englands, sein ausgeklügeltes Spiel mit Klischees oder die vielen kleinen humuristischen Zwischenrufe.

 

Vier weitere Märchen & Erzählungen

 



Neben Das Gespenst von Canterville enthält meine Ausgabe aus dem Anaconda Verlag auf knapp 100 Seiten vier weitere Märchen & Erzählungen:

  • Der glückliche Prinz (1888 · The Happy Prince)
  • Die Nachtigall und die Rose (1888 · The Nightingale and the Rose)
  • Der selbstsüchtige Riese (1888 · The Selfish Giant) und
  • Lord Arthur Saviles Verbrechen (1887 · Lord Arthur Savile's Crime).

 

Alle vier Märchen sind sehr lesenswert und lehrreich. Sind es doch Erzählungen über Zuneigung & Mitgefühl, über Hingabe & Unwissenheit; traurig, aber auch durch eine hohe Zuversicht geprägt. Auch sie eignen sich sehr gut zum Nacherzählen und als Gute-Nacht-Geschichten.

Besonders zum Nachdenken angeregt hat mich die fünfte Geschichte - Lord Arthur Saviles Verbrechen: Eine Geschichte über die Pflicht.


 

Oscar Wilde erzählt hier die Geschichte über einen Mann, Lord Arthur Savile, der den Vorhersagen eines Wahrsagers (eines sogenannten Chiromanten) zu sehr Glauben schenkt. Und zwar derart verbissen, einem spießbürgerlichen Pflichterfüllungsdrang folgendend, so dass er sich zu gänzlich abzulehnenden Handlungen verpflichtet fühlt um das angeblich schier unausweichlichen Geschehenzu vermeiden, in dem er seine Pflicht erfüllt.

Er hatte sein Bestes versucht, diesen Mord zu begehen, doch beide Male war er gescheitert, und das ohne sein Verschulden. Er hatte versucht, seine Pflicht zu tun, doch es schien, als sei ihm das Schicksal selbst in den Rücken gefallen. Ihn bedrückte das Gefühl, dass seine guten Vorsätze nutzlos gewesen waren und dass sich seine Versuche korrekt zu sein als vergebliche Mühe erwiesen hatten.
- Oscar Wilde · Lord Arthur Saviles Verbrechen in Das Gesprenst von Canterville (S. 106f.) -

Der Autor strickt mit Lord Arthur Saviles Verbrechen eine rafiniert angelegte Story, leicht gruselig und mysteriös und gespickt mit einer guten Portion schwarzen Humors.die ebenso grandios und der Geschichte Das Gespenst von Canterville in keinster Weise nachsteht. Wilde gelingt es die Ironisierung von Pflicht und Moral erschütternd, aber dennoch auch humorvoll darzustellen.


Fazit

Kurz und knapp: Das Gespenst von Canterville sowie die weiteren vier enthaltnen Märchen & Erzählungen sind für mich ein zeitloses Lesevergnügen - zum Selberlesen, Vorlesen oder auch Nacherzählen -für Jung & Alt!

 

Über das Buch

Man hatte Hiram B. Otis gewarnt, bevor er Canterville kaufte: In diesen Mauern spukt es. Doch völlig unbeeindruckt von solch allzu britischem Aberglauben bezieht der amerikanische Botschafter mitsamt seiner Familie das neu erworbene Domizil. Bald schon machen besonders die Kinder der Neuankömmlinge dem tatsächlich dort hausenden Gespenst das Dasein zur Hölle und treiben es in die Verzweiflung, bis die kleine Virginia sich seiner erbarmt. 

Neben dem Gespenst von Canterville enthält dieser Band die Märchen und Erzählungen Der glückliche Prinz, Die Nachtigall und die Rose, Der selbstsüchtige Riese und Lord Arthur Saviles Verbrechen.

  • AutorIn: Oscar Wilde
  • ÜbersetzerIn: Richard Zoozmann; überarbeitet von Kai Kilian
  • Herausgeber:‎ Anaconda Verlag
  • Erschienen: 2008, 2001
  • Genre(s): Märchen & Sagen, Klassiker, Irische Literatur, Viktorianische Literatur

 

 


Viele Grüße,

Mandy